Nein zur Durchsetzungsinitiative

19.01.2016

Die JUSO Schaffhausen stellt sich gegen die Durchsetzungsinitiative, weil wir nicht wollen, dass aus einem Teil unserer Rechtsprechung ein unverhältnismässiges und unmenschliches Unrecht wird, weil wir nicht wollen, dass Ausländer vor dem Gesetz diskriminiert werden und weil wir nicht wollen, dass die Grundpfeiler unseres politischen Zusammenlebens durch die Durchsetzungsinitiative angegriffen werden.
Der Name der Initiative ist irreführend, sie will nicht allein die Ausschaffungsinitiative durchsetzen, sondern sie mit absolut übertriebenen und unmenschlichen Auswirkungen verschärfen. Im zweiten Artikel der Ausschaffungsinitiative steht, dass Ausländerinnen und Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden können, wenn sie die Sicherheit des Landes gefährden. In folgenden Fällen werden Ausländerinnen und Ausländer nach Annahme der Durchsetzungsinitiative automatisch ausgeschafft, was mit der Ausschaffungsinitiative nicht geschehen wäre, man kann sich jedes Mal Secondos vorstellen, weil diese, obwohl sie in der Schweiz geboren sind, genauso betroffen wären:

  • Ein Vater vergisst bei der Familienausgleichskasse den Ausbildungsunterbruch seines Sohnes anzugeben. Er wird nach Annahme der Durchsetzungsinitiative wegen Sozialmissbrauchs automatisch ausgeschafft.

  • Ein junger Mann trinkt im Ausgang ein Bier zu viel und fährt danach mit dem Auto nach Hause, er wird von der Polizei erwischt und zahlt eine Busse wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand. Weil es neu mit der Durchsetzungsinitiative auch schon bei geringeren Straftaten zu einer Ausschaffung kommt, wenn innerhalb der letzten zehn Jahre etwas vorgefallen war, wird der Mann neun Jahre später, nachdem er in eine Schlägerei verwickelt wurde, wegen einfacher Körperverletzung ausgeschafft.

  • Eine junge Frau beschimpft in einem Streit ihren Nachbar, wird dafür angezeigt und zahlt eine Busse. Acht Jahre später bedroht sie einen aufdringlichen Buskontrolleur, er solle ihr nicht zu nahe kommen, sonst würde sie sich wehren und wird daraufhin wegen Drohung gegen Beamte angezeigt und ausgeschafft.


Besteht in diesen Fällen eine Bedrohung der Sicherheit des Landes? Ist die Ausschaffung in ein Land mit dem die betroffenen Personen wohlmöglich nie etwas zu tun hatte in diesen Fällen eine gerechte Strafe? Diese Personen wären mit der Ausschaffungsinitiative nicht automatisch ausgeschafft worden, mit der Durchsetzungsinitiative aber schon. Die Durchsetzungsinitiative wurde gegenüber der Ausschaffungsinitiative mit vielen geringfügigen Straftaten, bei denen es auch zu einer Ausschaffung kommen wird, wenn zehn Jahre zuvor schon etwas vorgefallen ist, verschärft. Sie unterscheidet nicht zwischen Bagatelldelikten wie der Drohung gegen Beamte und dem Überfahren einer roten Ampel in den letzten zehn Jahren und zum Beispiel Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auf beides steht die gleiche Strafe, nämlich die Ausschaffung. Nach der Bundesverfassung muss bei Eingriffen in die Grundrechte die Verhältnismässigkeit geprüft werden, nach der SVP soll das bei Ausschaffungen nicht mehr der Fall sein, damit wartet mit der Durchsetzungsinitiative auf Ausländerinnen und Ausländer, die genauso wie alle anderen Menschen auch einmal ohne allzu böse Absichten gegen Gesetze verstossen, eine unmenschliche und absolut unverhältnismässige Strafe.
Für die JUSO geht die Kritik an der Durchsetzungsinitiative aber weiter. Folgende Sätze - „alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ und „ jeder Mensch hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne Unterscheidung nach nationaler Herkunft.“ – stammen nicht aus einem linken Parteiprogramm, sondern aus der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 an denen sich auch unsere Bundesverfassung mit dem Artikel 8 „alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ und „Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen seiner Herkunft,...“ orientiert. Wenn Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz bald schon wegen Bagatelldelikten ausgeschafft werden, während dem Schweizerinnen und Schweizer bei der gleichen Straftat mit einer Geldstrafe davonkommen, müssen wir uns wohl fragen, ob diese Grundsätze der Menschenrechte und unserer Verfassung noch geachtet werden in unserer Gesellschaft.
Zuletzt noch ein eher formelles Argument: Die SVP gibt vor mit der Durchsetzungsinitiative den Volkswillen durchsetzen zu wollen. In Wahrheit wird sie aber mit der Annahme der Durchsetzungsinitiative vom Stimmvolk in dieser Frage zur alleinigen gesetzgebenden und vor allem richterlichen Macht erhoben, weil mit der Durchsetzungsinitiative die Umsetzung des Parlaments und vor allem die Beurteilung der Gerichte bei Ausschaffungen ausgeschaltet werden. Alles soll in dieser Frage automatisch nach dem Willen der SVP laufen. Es ist wichtig, dass wir als Stimmbevölkerung diese Machtfülle verhindern und unser demokratisches System verteidigen.